Seit 1998 lebt Familie Völkering (MZ 1997/98) nun schon in Spanien in der Nähe von Barcelona. Seither hat sich viel getan. Nicht nur, dass sie mittlerweile zu viert sind, auch der Betrieb ist stetig gewachsen. Stephan Völkering berichtet.
Haben wir in Argentona noch mit 6.700 m² Freifläche angefangen, so produzieren wir mittlerweile auch in Vilassar de Mar. Unsere gesamten Flächen belaufen sich auf 45.000 m². Unser Team umfasst ca. 25 Mitarbeiter, je nach Saison auch mal mehr, und ist international. So kommen unsere Vorarbeiter hauptsächlich aus Deutschland. Meist bleiben sie für ein Jahr, manche aber auch länger.
Teamwork schreiben wir groß! Egal, aus welchem Land oder zu welcher Kultur jemand gehört, jeder arbeitet mit jedem. Schließlich sind auch wir hier in Spanien Ausländer!
Heute, im Jahr 2008, nennen wir Spanien unser Zuhause und können uns eine Rückkehr nach Deutschland nur schwer vorstellen. Sicher, es war nicht immer leicht, aber wir haben uns nicht unterkriegen lassen. Ob wir nun gegen das Wetter oder andere ungünstige Umstände kämpfen mussten, spielt hinterher kaum eine Rolle. Wir sind froh, durchgehalten zu haben und können nach 10 Jahren sicherlich sagen: „Wir haben uns etabliert“!
Anfangs wurden wir manchmal belächelt, da wir gearbeitet haben, als ob es kein Morgen gäbe. „Das halten die nie durch“ wurde gemunkelt, doch die „jungen Deutschen“ haben das durchgehalten. Heute lachen wir gemeinsam mit unseren spanischen Nachbarn über die Anfangszeit, und belächelt werden wir nicht mehr.
Im Gegenteil, wir scheinen dem Bild, das der Spanier von einem Deutschen hat, zu entsprechen: Pünktlich, fleißig, genau.
Nach anfänglicher Skepsis macht man heute gerne Geschäfte mit uns.
Doch auch wir mussten uns anpassen. Denn außer den positiven Eigenschaften werden Deutsche auch gerne „Caps quadrats“ (starrköpfig) genannt. Das muss man in Spanien definitiv abstellen.
Auch wenn die Katalanen wesentlich nordeuropäischer sind als der Rest der Spanier, so nehmen sie es z.B. nicht so genau mit der Uhrzeit. Lädt man jemanden zu 20.00 Uhr zum Abendessen ein, so kann man sich glücklich schätzen, wenn er um 21.00 Uhr eintrifft. Mehr als einmal war das bereitete Essen verkocht. Doch wir haben daraus gelernt. Man lädt grundsätzlich nicht zu einer exakten Uhrzeit ein, und man plant ein Essen, das kurzfristig zuzubereiten ist! Das soll nicht negativ gemeint sein; man hat hier einfach andere Betrachtungsweisen. Vielleicht machen gerade diese das Leben so unbeschwert.
Geht man z.B. an den Strand, und ich spreche hier von einem wirklich großen und meistens leeren Strand, und möchte etwas entspannen, so ist man sicherlich nicht lange alleine. Die nachfolgenden Personen legen sich nicht etwa ans andere Ende, nein, man legt sich genau neben einen. Auch die nächste Großfamilie sucht sich nicht etwa ein leeres Plätzchen, nein, auch sie legt sich direkt auf die andere Seite, und schon ist es vorbei mit der Ruhe! Man wird sozusagen miteinbezogen in den Familienausflug.
Kontakt zu bekommen ist also nicht so schwer. Etwas anders sieht es mit richtiger Freundschaft aus. Der Katalane sucht sich seine Freunde sehr genau aus. Doch hat man erst einmal Freundschaft geschlossen, so ist es eine Freundschaft fürs Leben.
Unsere Kinder kennen Deutschland nur von den Urlauben. Sie sind in Barcelona geboren und gehen in eine Katalonische Schule. Sie sprechen gleich drei Sprachen: Katalanisch, Spanisch und Deutsch. Die anderen Kinder aus der Klasse hören immer interessiert zu, wenn wir untereinander Deutsch sprechen. Dann kommt auch schon mal die Frage, ob wir auch „normal“ sprechen können. Nun ja, was ist schon normal?
Bleibt vielleicht am Schluss noch die Frage: Wie wir uns nach so langer Zeit in Spanien fühlen, deutsch oder spanisch?
Ich würde sagen, die Antwort lautet: europäisch!
Stephan Völkering, MZ 1997/98