Vereinigung ehemaliger Wolbecker Gartenbauschüler e.V.

Immer engagiert - Herr Dr. Seick bei der Führung

50 Jahre mit den Ehemaligen auf Reisen

Als im Jahre 1968 die Geschäftsstelle der Vereinigung ehemaliger Wolbecker Gartenbauschüler in die Gartenbauschule nach Wolbeck verlegt wurde, wurde es möglich, den von Mitgliedern häufig geäußerten Wunsch nach gemeinsamen Studienreisen zu erfüllen. Sieglinde Stratmann erinnert sich.

„Eins, zwei, drei im Sauseschritt läuft die Zeit, – wir laufen mit.
Schaffen, schuften, werden älter, träger, müder und auch kälter.
Bis auf einmal man erkennt, dass das Leben geht zu End‘.
 
Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele:
Freude, Schönheit der Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur.
Darum Mensch – sei zeitig weise: Höchste Zeit ist’s! Reise, reise!“

Wilhelm Busch

1969 Dänemark

Der Vorstand griff den Gedanken der Studienreisen auf und suchte Dänemark als erstes Ziel aus. Unser Nachbarland im Norden war nicht so weit entfernt und vor 50 Jahren aus gartenbaulicher Sicht sehr interessant. Ich – damals in Reisedingen völlig unerfahren – wurde mit der Vorbereitung beauftragt und holte mir ein landwirtschaftliches Reisebüro zur Hilfe. Am 02. September 1969 startete die erste Ehemaligenreise mit damals 18 Teilnehmern in Wolbeck. Hochinteressante Fachbesichtigungen und touristische Ziele füllten das Programm. Damals diskutierten wir noch mit den Kollegen über das Für und Wider des Beitritts in die EWG. Die Reise machte Lust auf mehr, und wir wollten auch den Gartenbau in anderen Ländern kennenlernen.

Das nächste Reiseziel war die Folge eines Seminars zum Thema „Chrysanthemen“. Jürgen Mart, damals Anbauberater in Südengland, berichtete in Wolbeck über die Anbaumethoden in England und lud uns zur Besichtigung vor Ort ein. Mit seiner Hilfe und dem oben genannten Reisebüro erlebten wir sechs prallgefüllte Besichtigungstage an der englischen Südküste. Gesteuerte Chrysanthemen waren vor 50 Jahren noch relativ neu und wichtige Schnittblumen.

1970 Paris und Nordfrankreich, 1971  Côte d‘Azur

In den 1960er Jahren machten alle Meisterklassen ihre Klassenfahrten nach Frankreich. Nicht verwunderlich, dass auch die Ehemaligen dieses Ziel ins Auge fassten. Know-how war in der Schule genügend vorhanden, Direktor Schulte-Scherlebeck half gerne bei den Übersetzungen und reiste auch am 28. Februar 1971 für erstmalig zwei Wochen mit uns in den Süden, wo auch einige Ehemalige Betriebe bewirtschafteten. Im Gedächtnis geblieben sind die Wetterkapriolen. Wir erlebten zwar Sonne, aber auch Schnee auf Palmen und Mimosen an der Côte d‘Azur.- 1970 bereisten wir dann Paris und den Norden Frankreichs, dieses Mal leider ohne Herrn Schulte-Scherlebeck.

1973 Österreich und Ungarn

Inzwischen waren die „Wolbecker Reisen“ bekannt, und 1973 meldeten sich schon 40 Personen zur Reise nach Österreich und Ungarn an. Reisen in den damaligen Ostblock mussten mit den staatlichen Reisebüros von langer Hand vorbereitet werden, liefen dann aber reibungslos ab. So konnten wir den Gartenbau in Ungarn kennenlernen und auch so manchen guten Tropfen probieren.

1974 Norwegen

Bei der BUGA 1973 in Hamburg glänzten die Fa. Hegg und einige andere norwegische Betriebe mit ihren Erzeugnissen. Das machte Lust auf einen Besuch in Norwegen. Mit Hilfe eines landwirtschaftlichen Ehemaligenverbandes fand ich damals einen ausgezeichneten Reiseleiter, der uns 1974 sein Heimatland vorstellte. Zu der Zeit lief gerade die Fußballweltmeisterschaft und wir durften die legendäre Schlammschlacht Deutschland gegen Polen in seinem Wohnzimmer sehen. Der Norden Europas war schon immer teuer. Ich erinnere mich: Vor über 40 Jahren kostete ein Kasten Bier dort 76,- DM, doch das hielt uns nicht vom Trinken ab.

1975 Dänemark

Für 1975 wurde eine Flugreise nach Spanien geplant, doch zu der Zeit war Fliegen für viele von uns eine neue Erfahrung und fand wenig Anklang. So wurde die Tour abgesagt. Eine Alternative bot das Rheinland an. Die dortigen Kollegen hatten für den Bundesverband landwirtschaftlicher Fachschulabsolventen (zu dem auch wir inzwischen gehörten) eine Reise für Gärtner nach Dänemark vorbereitet, die ebenfalls nicht ausgebucht war. So konnten alle reisewilligen Wolbecker dort mitfahren, und ich durfte die Reiseleitung übernehmen. Gärtner, Winzer und Landwirte aus mehreren Bundesländern kamen dazu.

1976 Süddeutschland, Schweiz, Elsass

Wir haben uns gut verstanden und beschlossen, die nächste Tour unter dem Titel „Ehemalige besuchen Ehemalige“ zu planen. Auf dem Programm standen Besuche bei den neuen Reisefreunden und bei ehemaligen Wolbeckern in Süddeutschland, in der Schweiz und im Elsass sowie den Ehemaligenverbänden der Gartenbauschulen in Heidelberg, Stuttgart und Veitshöchheim. Wir blieben zwar in Deutschland, aber die Reise war eine der anstrengendsten, an die ich mich erinnere, denn die Gastgeber überboten sich mit Besichtigungen und kulinarischen Angeboten. Ich denke u.a. an einen unvergessenen Abend am Lagerfeuer und den Auftritt des Trompeters von Säckingen im dortigen Stadtwald.

1977 Tschechoslowakei 

1977 reisten wir in die damalige Tschechoslowakei und zwar nicht nur nach Prag wie alle Touristen, sondern weit ins Land bis ins Riesengebirge und nach Südmähren.

1978 England

England war 1978 erneut unser Ziel, aber dieses Mal die Mitte des Landes. Wir begannen mit einem Empfang zum Tee im Rathaus von Münsters Partnerstadt York. Zum ersten Mal saß Josef Jungbauer, der spätere Direktor in Wolbeck, mit im Bus. Er reiste gerne mit uns und half aus, wenn es Probleme mit Übersetzungen gab.

1979 Südfrankreich und Schweiz

Aller guten Dinge sind drei, und so fuhren wir bei der zehnten Tour zum dritten Mal nach Frankreich. Bei heißem Sommerwetter ging es in den Südwesten des Landes und über die Schweiz zurück. Unsere letzte Übernachtung machten wir wieder in Bad Säckingen, wo unser Mitglied Heinz Przybilla Leiter der Stadtgärtnerei war. Dank seiner guten Kontakte lud uns der Bürgermeister zum Schwimmen im neuen Thermalbad ein, und unseren Abschiedsabend feierten wir im Gallusturm. Das über 600 Jahre alte Gemäuer ist das Domizil der Säckinger Narrenzunft.

Schweden war 1980 das nächste Ziel.

1981 Polen

Allen Unkenrufen zum Trotz wollten wir 1981 nach Polen. Die Presse brachte damals täglich Berichte über die politische Lage und die Aufstände rund um die Leninwerft in Danzig und die Gewerkschaft Solidarnosc. Wir packten allerlei Gastgeschenke ein und fuhren gen Osten. Schwierigkeiten machten uns lediglich „unsere Brüder“ in der damaligen DDR. Weil wir für eine Zwischenübernachtung in Berlin die Transitstrecke verlassen hatten, hat man uns bei der Durchreise am nächsten Tag einige Stunden lang schikaniert. Als wir dann endlich in Polen waren, erlebten wir nur positive Überraschungen. Gute Hotels und – trotz der schwierigen Versorgungslage – gutes Essen machten angesichts langer Schlangen vor den Geschäften ein schlechtes Gewissen. Auf unserem Programm stand auch die ehemals berühmte alte deutsche Gartenbauschule in Proskau in Schlesien. Nach diesem Besuch entwickelte sich dann später die Partnerschaft mit unserer Schule und die Betreuung polnischer Praktikanten. Inzwischen ist das längst Geschichte, auch in der Proskauer Schule gibt es keine Gärtner mehr, aber Kontakte bestehen bis heute.

1982 Irland

1982 war bei den meisten die Flugangst überwunden, und wir starteten erstmals per Flug nach Irland. Gärtnerisch war die „Grüne Insel“ zu der Zeit ziemlich unbedeutend, aber die Flora und die Landschaft sowie die uralte Kultur begeisterten uns alle.

Ein zweites Mal Ungarn und dann Finnland mit St. Petersburg (damals noch Leningrad) waren die nächsten Ziele. Bis dahin waren die „Wolbecker Pflanzen“ alljährlich im Sommer unterwegs.

1986 Israel

Das nächste Wunschziel war Israel, ein Land, das man wegen des Klimas besser nicht im Sommer bereist. So erfolgte der Wechsel. Seit dieser Zeit organisiert die Vereinigung immer im Wechsel eine Sommer- und eine Winterreise. Manche unserer Mitglieder bezogen damals ihre Stecklinge aus Israel und hatten gute Kontakte zu den Gärtnern dort. So waren wieder viele Fachbesichtigungen, aber auch ein Stop in Münsters Partnerstadt Rishon le Zion, Schwimmen im Toten Meer und Besuche der Heiligen Stätten am See Genezareth, in Bethlehem, Nazareth und Jerusalem im Programm. Auch eine Fahrt auf die Golanhöhen und durch den Gazastreifen war zu der Zeit noch möglich. Während zu Hause zweistellige Minustemperaturen herrschten, genossen wir am Ende der Tour die Sonne im Negev.

1987 Nordengland und Schottland

1987 reisten wir nach Nordengland und nach Schottland. Die herrlichen Gärten mit den tollen Staudenrabatten und das Tattoo in Edinburgh sind noch in Erinnerung.

1989 Kanarische Inseln

Die Kanaren waren das Ziel im 20. Jahr der Ehemaligenreisen. Wir flogen nach Teneriffa. Bei fast allen Reisen war der Bus voll, dieses Mal waren 55 Kolleginnen und Kollegen dabei, die Höchstzahl. Damals waren viele deutsche Betriebe dort ansässig. Wir wurden überall freundlich empfangen und großzügig bewirtet.

1990 Norwegen

Als wir uns 1974 in Oslo von unserem Reiseleiter verabschiedeten, hatten wir versprochen: „Hier ist es so schön, wir kommen wieder.“ 16 Jahre vergingen, bis uns 1990 Werner Werenskiold erneut begrüßte und noch einmal seine schöne Heimat zeigte. Auch bei seiner Familie wurden wir wieder gastfreundlich empfangen. Die Freundschaft hielt bis zum Tod von Helma und Werner.

1992 Türkei

Im Februar 1992 flogen wir in die Türkei, wo es ja normalerweise keinen richtigen Winter gibt. Aber dieses Mal war es anders, wir erlebten den kältesten Winter seit 30 Jahren. Mancher mag sich an die Nelken mit Eisüberzug in Izmir und an die Kälte bei der Besichtigung der antiken Stätten in Troja und Ephesus erinnern. An der Südküste wurde es dann etwas wärmer. Glücklicherweise hatten wir alle Mäntel dabei, denn bei der Abreise in Deutschland war es auch kalt.

1993 Südtirol und Toskana

Auch Italien war und ist ein wichtiges Gartenbauland, wir bereisten es zweimal. 1993 standen Südtirol und die Toskana auf dem Programm. Nachdem Direktor Schulte-Scherlebeck in den Ruhestand gegangen war, gab er im Sommer Unterricht an der Obst- und Weinbauschule auf der Laimburg in Südtirol und war dort auch als Wanderführer tätig. Wir profitierten von seinen guten Kontakten zu den Südtiroler Gärtnern und genossen tolle Besichtigungen in namhaften Betrieben. Überall war der Tisch für uns gedeckt.

Die Baumschulbetriebe um Pistoia waren fachliche Höhepunkte in der Toskana, und ein Essen a la Medici in Florenz bleibt in Erinnerung.

1994 Süditalien

1994 flogen wir nach Rom und reisten dann per Bus bis an die Stiefelspitze und anschließend nach Sizilien, um u.a. die Betriebe rund um den Ätna zu besichtigen. Sie liefern ihre Ware zum größten Teil nach Deutschland. Von Palermo aus ging es heimwärts.

1995 Portugal und Madeira

1995 war Portugals grüner Norden das Ziel der Reise. Von Lissabon aus starteten wir zu einem Abstecher nach Madeira. Die Insel mit ihrer üppigen Flora hat schon damals alle begeistert.

1996 Kanada

1996 war die Zeit reif für einen Flug nach Übersee; Ontario im Osten Kanadas war das Ziel. Bei der Landung in Toronto empfingen uns die kanadischen Gärtner mit Blumensträußen am Flughafen. Das hatten wir noch nie erlebt, und der Jetlag hatte keine Chance. Gleich am ersten Tag und auch an den folgenden war das Fachprogramm voll, denn das Gebiet um die Niagarafälle hat viel zu bieten. Auch hier gibt es Ehemalige Wolbecker. In der Baumschule von Christoph Pieper erlebten wir einen tollen Grillabend. Eine Bootsfahrt durch den Thousand-Island-Nationalpark auf dem St.-Lorenz-Strom, die donnernden Niagarafälle und unser Besuch bei den Mennoniten im Raum Kitchener waren touristische Höhepunkte, die man nicht versäumen darf.

1999 Südafrika

1999 – 30 Jahre nach dem Start der Ehemaligenreisen – galt es, die 25. Tour zu planen. Die Jubiläumsreise sollte etwas Besonderes werden. Südafrika wurde ausgewählt. Ich hatte inzwischen viel Erfahrung gesammelt und scheute mich nicht, die Deutsche Botschaft und die Deutsche Industrie- und Handelskammer in Pretoria um Rat und Hilfe zu bitten. Versuchen kann man es ja, aber ich hatte nicht wirklich damit gerechnet. Was sich daraus ergab, können nur die 42 Mitreisenden erzählen. Wir haben wirklich geglaubt, wir wären im falschen Film.

Elefanten vor dem Haus, die Big Five vor der Kamera, ein unvergessliches Buschdinner, Gespräche mit den südafrikanischen Kollegen und Besuche in Betrieben und Absatzeinrichtungen, die Gardenroute, die unvergleichliche Flora der Kapregion, ein Grillabend mit einem Wolbecker Ehemaligen und die Städte Pretoria, Johannesburg und Kapstadt sind noch im Gedächtnis. Es war eine wirkliche Jubiläumstour.

Weil unser Tourguide Jörn Seidler uns auch Namibia schmackhaft gemacht hatte, flog zwei Jahre später eine Gruppe zur Fortsetzung des „afrikanischen Traums“ ins frühere Deutsch-Südwest, ebenfalls ein unvergessenes, ein traumhaftes, aber ganz anderes Land.

2001 Spanien

2001 blieben wir in Europa, dieses Mal in Spanien. Hier haben uns wieder mehrere Mitglieder unserer Vereinigung bei der Planung geholfen, uns geführt, bewirtet und hervorragende Betriebe gezeigt.

2002 Baltikum

Schon häufiger war der Vorschlag gemacht worden, das Baltikum zu bereisen. Zwölf Jahre nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion machten wir uns auf den Weg,die Staaten Estland, Lettland und Litauen zu besuchen, und waren sehr überrascht über die Entwicklung dieser Länder. Nicht nur die schönen Hauptstädte sind einen Besuch wert, sondern auch gartenbaulich gab es einiges zu sehen. Die inzwischen geknüpften Verbindungen zum Estnischen Gärtnereiverband, zur Gartenbauschule in Räpina und zur Estnischen Landwirtschaftlichen Universität in Tartu haben uns geholfen, das Programm zu gestalten.

Über die Kurische Nehrung erreichten wir die russische Enklave Kaliningrad. Dieser Zwischenstopp im früheren deutschen Königsberg war sehr informativ und zeigte deutlich den Unterschied zu den drei baltischen Staaten.

2004 Marokko

Die letzten Reisen unter meiner Regie führten im Winter 2004 nach Marokko und im Sommer 2005 erneut nach Irland. Größer können die Unterschiede in zwei Ländern nicht sein.

In Marokko die alten Königsstädte, die Wüste, das Atlasgebirge mit Schnee und die arabischen Menschen. Mohammed Chakour Alami – unser Reiseleiter – brachte uns das Land und seine Kultur näher.

2005 Irland

Irland hat sich 23 Jahre nach unserer ersten Reise sehr verändert. Man zahlt jetzt mit Euro, es gibt einige gute zum Teil von Holländern geführte Gärtnereien, und verfallene Häuser im Land sind selten geworden. Dank Europa sind die Straßen viel besser, und es gibt auch einige Autobahnen. Sehr grün und sehr schön ist das Land aber immer noch.

 

Dreißigmal mit den „Wolbecker Pflanzen“ auf Tour, ich denke, das war genug. Mitfahren, solange ich noch kann, mache ich gerne, aber ohne Verantwortung und weiter hinten im Bus. Glücklicherweise hat sich Manfred Wolff – schon lange Mitglied im Vorstand der Ehemaligenvereinigung – bereiterklärt, die Sache zu übernehmen und die Reisen fortzusetzen. Mit einem eigenen Betrieb, der den Chef nötig braucht, ist das nicht so einfach. Umso erfreulicher, dass er mit Hilfe des Fachbüros von Dr. Seick Kultur- und Gartenreisen nun bereits seit über zehn Jahren die inzwischen etwas kürzeren Reisen organisiert und begleitet.

Unter seiner Führung waren wir zusammen mit Dr. Carsten Seick inzwischen zur Mandelblüte auf Mallorca, besichtigten die Schlösser der Loire, erlebten 2010 die Unwetter auf Madeira, bereisten den Norden Italiens rund um den Lago Maggiore und Venedig und flogen 2013 auf die Azoren. 2014 war die englische Grafschaft Yorkshire das Ziel, nach 17 Jahren im Winter 2016 erneut die Kanarischen Inseln und 2017 wieder Schottland, alles schöne, interessante, erlebnisreiche und gut organisierte Reisen, an denen ich gerne teilgenommen habe.

Fast 30 Länder durften wir inzwischen kennenlernen. Lediglich einmal wurde uns die Einreise verweigert, nämlich 1971, als wir die Kollegen in der damaligen DDR besuchen wollten. Heinz Flüthmann, damals der 1. Vorsitzende, fuhr mit Kassierer Heinz Messing zur Klärung der Sachlage gen Osten. Sie kamen mit der Zusage heim, dass ein Besuch möglich wäre. 42 Personen meldeten sich an und der Papierkrieg begann. Bei einem erneuten Treffen in Eisleben erfuhren die Verhandler, dass eine Einreise nur in kleinen Gruppen realisierbar sei; am 2. September sollten die ersten zwölf Personen losfahren. Am 24. August kam ein Telegramm (kennt im digitalen Zeitalter kaum noch jemand) mit folgendem Inhalt: „Einreise für Sie und Ihre Gruppe geht in Ordnung, Einreisevisum für alle Teilnehmer erhalten Sie telegraphisch zugestellt.“ Doch zu früh gefreut!

Am 27. August folgte ein weiteres Telegramm, in dem es hieß: „Aus eingetretenen technisch-organisatorischen Gründen ist Ihre Anreise zur Zeit nicht möglich.“ Wie gut, dass das inzwischen Geschichte ist, aber wir sollten es auch nicht vergessen.

Nun sind seit der ersten Tour 50 Jahre vergangen, und „Die Wolbecker“ reisen immer noch. Das ist ein Grund zur Freude, und die Tradition wird sich hoffentlich noch lange fortsetzen.

Die Zusammensetzung der Reisegruppen hat sich logischerweise immer wieder geändert und neu gemischt, aber stets waren jüngere und ältere, neue und schon langjährige Mitreisende sowie auch Gäste dabei. Trotzdem hat es stets nur Stunden gedauert, bis eine homogene Gruppe entstand, in der niemand sich fremd fühlte. Jeder half jedem, und man setzte sich am Tisch dazu, wo gerade Platz war. Wenn ein Übersetzer fehlte, sprang schnell jemand ein, der die englische, französische oder einmal sogar russische Sprache beherrschte. An Quertreiber oder Besserwisser kann ich mich nicht erinnern, man ist eben eine Familie und spricht die gleiche Sprache. Auch Gäste waren immer am Gartenbau interessiert und dankbar, dass sie dabei sein durften, einige meldeten sich immer wieder an und sind längst zu „Wolbeckern“ geworden.

Mit den verschiedensten Reiseleitern hatten wir fast immer Glück. Sie bezeichneten uns oft als etwas Besonderes. Warum weiß ich bis heute nicht genau, aber sie haben schon viele Gruppen geführt und können sicherlich vergleichen. Mit einigen hält der Kontakt bis heute an, manche leben leider schon nicht mehr.

Hilfreich bei der Organisation der Programme ist ein funktionierendes Netzwerk. Mitglieder unserer Vereinigung gibt es in vielen Ländern und auch Gartenbauverbände, Gartenbauschulen und Universitäten. Anlässlich der IPM in Essen und bei den Gartenschauen kann man ebenfalls gut Kontakte knüpfen. Auch andere Ehemaligenverbände bieten Reisen an und kennen Fachbüros und Reiseleiter. Viele Kollegen halfen dankenswerterweise bei der Organisation, gaben Tipps, freuten sich über den Besuch, öffneten gerne ihre Betriebe und deckten für uns den Tisch. Stets wurde versucht, für alle Fachsparten Besichtigungsobjekte zu finden, und auch Absatzorganisationen und Schulen wurden nicht vergessen; auch ein Friedhof stand meistens im Programm. Gärtner sind eben weltweit eine große Familie.

Heute – ein halbes Jahrhundert später – hat sich im Gartenbau vieles gewandelt, und wir leben in einer globalen Welt. Der Schwerpunkt der Fachprogramme liegt jetzt daher mehr auf der Besichtigung von Gärten. Zwar sind Studienreisen kaum noch steuerlich absetzbar, aber auch heute kann es sich niemand leisten, zu Hause von morgens bis abends zu arbeiten, ohne ab und zu einen Blick über den Zaun zu werfen, sei es auch nur, um gerne wieder heimzukommen. Uns steht die Welt offen. Nutzen wir bei einem Blick über den Tellerrand nicht nur das Internet, denn es ersetzt nicht das persönliche Reiseerlebnis. Das gilt für Jung und Alt.

Ich bin mit dem englischen Schauspieler und Reisejournalisten Michael Palin einer Meinung, wenn er schreibt:

„Wenn dich einmal das Reisefieber packt,
gibt es kein bekanntes Heilmittel,
und ich bin gerne bis zum Ende meines Lebens daran erkrankt.“

Die nächste Tour der „Wolbecker Pflanzen“ steht schon im Kalender: Am 7. März 2019 startet eine Ehemaligenreise nach Südfrankreich. Die Wolbecker Schüler aus den Jahrgängen 1958 bis 1978 machten ihre Klassenfahrten mit Direktor Schulte-Scherlebeck oft an die Côte d’Azur; für sie könnte dies ein nostalgischer Trip werden. Nähere Auskunft erteilt der Vorstand.

Sieglinde Stratmann

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